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Warum Sie aus dem Rahmen fallen sollten

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Das Wort „Framing“ stammt aus dem Englischen und leitet sich von dem Wort „Frame“ (Rahmen) ab. Die Verbindung zwischen einem (Bilder-) Rahmen zu dem in der Kommunikation verwendeten Begriff „Framing“ entsteht durch den Versuch eine Diskussion oder Nachricht, Mitteilung o. ä. innerhalb eines bestimmten Rahmens zu kommunizieren. Durch den vorgegebenen Rahmen werden automatisch Grenzen vorgegeben, innerhalb derer die Auseinandersetzung mit dem Thema erfolgen soll.

Bewusst eingesetztem Framing liegt also der Wunsch zu Grunde eine Diskussion innerhalb eines vorgegebenen Kontexts zu führen und andere – ggf. ebenfalls legitime Bereiche zum Thema – möglichst auszublenden. Das Ziel des Senders (Person, Unternehmen, Institution etc.), der sich des Framing bedient, ist die Beeinflussung des Empfängers der Botschaft.

Nun ist es grundsätzlich möglich jedes Thema innerhalb eines bestimmten Rahmens zu diskutieren. Nehmen wir z. B. „Lebensmittel“. Schon beim Lesen des Schlagworts „Lebensmittel“ wird bei Ihnen ein bestimmter Gedankengang ausgelöst. Halten Sie kurz inne und machen Sie sich bewusst welcher Gedankengang das ist, welches Themengebiet Ihnen als erstes in den Sinn kommt.

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Wenn Sie z. B. aus gesundheitlichen Gründen Vegetarier sind, denken Sie vielleicht als erstes an Gemüse, Salat, Früchte und über deren Qualität und Herkunft nach. Oder falls Sie aus Rücksicht auf die Tierwelt Vegetarier sind, kommen Ihnen vielleicht als erstes Bilder mit Bezug zur Massentierhaltung in den Sinn. Andere Menschen denken ganz unwillkürlich über die Preise von Lebensmitteln nach und wieder andere gelangen bei diesem Schlagwort gedanklich automatisch zu deren Zubereitung oder Kochen allgemein.

Hier einige Beispiele von Themengebieten innerhalb derer man zu völlig unterschiedlichen Diskussionen beim Schlagwort Lebensmittel gelangt:

  • Preise – Massentierhaltung vs. Bio-Bauer, Monokulturen vs. Kleingärtner etc.
  • Versorgung – Zugang zu Lebensmittel, Transportwege, regionaler Anbau, Verkauf etc.
  • Qualität – Einsatz von Pestiziden, genetisch manipulierte Samen etc.
  • Verschwendung – Lebensmittelentsorgung, Überproduktion, Butterberg etc.
  • Zubereitung – Verarbeitung, Konservierung, Zusammenstellung, kochen etc.
  • Gesundheit – Gemüse vs. Fleisch, Reiswaffeln vs. Kartoffelchips, Wasser vs. Cola
  • Haltbarkeit – Frisch, konserviert, homogenisiert, getrocknet, tiefgefroren etc.
  • Fair Trade – Fairer Handel, Kleinbauer, angemessene Bezahlung von Produzenten etc.

Diese Liste kann noch um viele weitere Themenbereiche ergänzt werden. Wichtig ist, dass Sie verstehen, dass ein Thema unter völlig unterschiedlichen Gesichtspunkten diskutiert und kommuniziert werden kann.
Wenn Sie sich jetzt noch einmal daran erinnern welche Gedanken Ihnen beim Lesen des Wortes „Lebensmittel“ in den Sinn gekommen sind, können Sie feststellen in welche Richtung ihre Gedanken geprägt (worden) sind.

Damit kommen wir zum Kern des Themas: Framing als Mittel zur Beeinflussung/Manipulation.

In vielen Bereichen wird Framing zunehmend dazu eingesetzt um die Diskussion über ein Thema in eine ganz bestimmte Richtung zu lenken. Diese Methode wird gerne von Unternehmen angewendet, aber in noch viel massiverem Umfang von der Politik und vor allem von den sogenannten Mainstream-Medien. Ziel ist die Diskussion möglichst zu 100 % im Rahmen des gewünschten Kontexts zu führen, um damit ein bestimmtes Ergebnis zu erzielen. Dies geschieht zum einen durch den Einsatz bestimmter Schlagwörter von denen man weiß, dass Sie beim Empfänger/Zuhörer eine bestimmte Wirkung erzielen und die Gedanken in die gewünschte Richtung lenken.

Beispiel gefällig?
Nachfolgend präsentiere ich Ihnen zwei Sätze, die das gleiche Ziel verfolgen, die Wortwahl bei Ihnen in einem Fall aber eher eine positive – oder zumindest neutrale – Haltung auslösen wird und die zweite Formulierung tendenziell eher Ablehnung bewirkt:

„Für das Gemeinwohl ist es notwendig, dass wir unsere Kinder dahingehend erziehen Fleiß und harte Arbeit positiv, und Bequemlichkeit und unproduktive Tätigkeiten negativ zu bewerten.“

Bitte beachten Sie, dass es für dieses Beispiel unerheblich ist, ob Sie die grundsätzliche Aussage ablehnen oder dieser Aussage weitgehend oder vollständig zustimmen würden. Es geht ausschließlich um die Formulierung, die sich im nachfolgenden Satz lediglich in einem Begriff unterscheidet.

„Für das Gemeinwohl ist es notwendig, dass wir unsere Kinder dahingehend manipulieren Fleiß und harte Arbeit positiv und Bequemlichkeit und unproduktive Tätigkeiten negativ zu bewerten.“

Die beiden Sätze unterscheiden sich nur in einem Wort und dennoch wird die zweite Version von der Mehrheit – unabhängig von der Grundaussage – eher abgelehnt und negativer beurteilt als der erste Satz. Der Grund liegt darin, dass wir dem Wort „manipulieren“ i. d. R. eine negative Bedeutung beimessen und in negativem Kontext verwenden. Trotz der Tatsache, dass diesem Wort z. B. in der Medizin oder in einem technischen Kontext keine negative Bedeutung anhaftet. Dem Wort „erziehen“, oder auch „leiten“, tendenziell auch noch „steuern“, werden Sie keine derart negative Bedeutung beimessen. Manipulieren ist im Verständnis der meisten Menschen etwas Schlechtes. Man manipuliert sein Kind nicht, man erzieht es. Wenn Sie ihrem Kind aber sagen, dass es aufhören soll stundenlang Zeichentrickfilme anzuschauen, weil das nicht gut für die Augen ist, oder die Kinder zu sehr aufregt etc., dann versuchen Sie bewusst Einfluss auf das Verhalten des Kindes zu nehmen. Sie verändern, sie manipulieren das Verhalten in eine von Ihnen gewünschte Richtung. Ob Sie das Erziehung nennen oder Manipulation – das gewünschte Ziel ist die Änderung einer bestimmten Verhaltensweise. Es spielt dabei keine Rolle wie gut und richtig Ihre Intention ist. Ihr Ziel ist ein bestimmtes Verhalten (Schreien, Grimassen schneiden, beißen, kratzen etc.) zu verändern.

Wenn Sie diesem Beispiel nicht folgen wollen, weil aus Ihrer Sicht Manipulation immer etwas Negatives ist, dann können Sie vielleicht zumindest für sich mitnehmen, dass Sie in der Diskussion mit einem Freund oder Kollegen zum Thema Erziehung, das Gespräch leicht in eine eher spannungsgeladene Richtung bringen können  wenn Sie die Erziehungsmethoden des Gegenübers ständig als Manipulation statt Erziehung bezeichnen. Sie können sich zumindest sicher vorstellen, dass der einfache Austausch eines Wortes in der Diskussion die Gesprächsrichtung und ggf. auch die „Schärfe“ der Diskussion verändert.

Ein etwas weniger emotional aufgeladenes Beispiel ist das folgende:
„Ich bin der Meinung, dass wir diesen GEZ-Rebellen mit aller Härte begegnen müssen.“
„Ich bin der Meinung, dass wir diesen GEZ-Gebührenhinterziehern mit aller Härte begegnen müssen.“

Wenn man das Wort „Rebellen“ hört, dann ist dieses Wort nicht übermäßig stark negativ besetzt. Im Gegenteil. Rebellen lehnen sich gegen etwas auf. Z. B. gegen einen übermächtigen Gegner (Che Guevara), starre und konservative Strukturen (James Dean), Bevormundung (Kinder vs. Eltern) oder ganz allgemein gegen ein tatsächliches oder subjektiv wahrgenommenes Unrecht. Für Rebellen empfinden viele Menschen eine gewisse Sympathie.

Da man auf Seiten der GEZ aber gerade nicht möchte, dass die Bevölkerung Sympathien für diese Gruppe Menschen hegt, die es ablehnen GEZ-Gebühren zu bezahlen, ist man bei deren Bezeichnung auf den Begriff „GEZ-Gebührenhinterzieher“ übergegangen. Diese Anpassung der Sprachregelung (Wording) ändert alles. Während man für den Rebellen noch Sympathien haben kann, ist dies bei einem Hinterzieher nicht der Fall. Hinterziehen ist Betrügen. Steuern werden hinterzogen. Der Begriff „hinterziehen“ ist durchweg negativ besetzt und verändert den Blickwinkel vollkommen.

Die Wirkung eines solchen Austauschs von Wörtern ist immens. Insbesondere wenn sie nicht mit voller Aufmerksamkeit bei der Sache sind und z. B. die Schlagzeile einer Zeitung nur überfliegen, oder während der Hausarbeit Nachrichten hören. In einem solchen Zustand der Ablenkung denken sie nicht aktiv über eine Botschaft nach und hinterfragen nicht laufend Wortwahl und Kontext. Der Begriff wird von ihrem Gehirn ohne Widerstand aufgenommen. Geschieht das wiederholt, ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass ihre Wahrnehmung beeinflusst wird.

Dieses Vorgehen funktioniert hervorragend und es gibt eine ganze Reihe von PR-Agenturen und Beratern, die sich auf Framing spezialisiert haben. Mit Erfolg.
Ein Beispiel aus dem Jahr 2019 ist das „ARD Framing Manual 2019“ von Elisabeth Wehling. Dieser Leitfaden hätte eigentlich geheim bleiben sollen und war keinesfalls für die Öffentlichkeit gedacht. Zum Entsetzen der Auftraggeber, hat das Dokument den Weg in die Öffentlichkeit gefunden. In diesem Leitfaden werden eine ganze Reihe von Beispielen und Sprachregelungen empfohlen, die dabei helfen sollen, einen von der ARD gewünschten Effekt bei den Zuschauern zu erzielen. So hat das ARD Framing Manual dazu geraten, private Medien als „medienkapitalistische Heuschrecken“ oder „Kommerzmedien“ zu bezeichnen (Quelle: Elisabeth Wehling: ARD Framing Manual, S.22). Die Botschaft, die dadurch an die Zuschauer gesendet werden soll, ist relativ klar und die Wortwahl hat selbstverständlich eine andere Wirkung, als wenn die ARD in den eigenen Sendungen lediglich von „Privaten Medien“ oder den „Privaten Sendern“ sprechen würde.
In diesem Framing Manual hat übrigens auch Frau Wehling der ARD auf S. 62 dazu geraten nicht mehr von „Beitragsverweigerer“ zu sprechen, sondern von „Beitragshinterzieher“. Hier wird das gleiche Schema verwendet wie beim GEZ-Rebellen, nur dass davon abgeraten wird das Wort „Verweigerer“ zu verwenden. Der Grund ist der gleiche wie beim Rebellen: Während der „Verweigerer“ (Kriegsdienstverweigerer) u. U. noch Sympathien beim Hörer auslöst, wird das beim „Hinterzieher“ nicht der Fall sein.

Einer der wichtigsten Mechanismen zur Steuerung oder „Stimmungsmache“ ist die Abwertung. Entweder die Abwertung von Personen oder von Argumenten.

Weitere häufig angewandte Methoden zur Meinungssteuerung und Framing sind

  • das Weglassen von entscheidenden Informationen,
  • die (Vor-) Selektion von Gesprächspartnern und
  • eine ungerechte Verteilung der Redezeit bei moderierten Formaten.

Oftmals findet bei Fernsehformaten, in denen eine scheinbar offene Debatte angekündigt wird, eine Benachteiligung durch die vom Sender/Produzenten getroffene Auswahl der Teilnehmer statt. Unter einer Reihe von potenziellen Kandidaten wird derjenige ausgewählt, der am umstrittensten oder unbeliebtesten ist, um die aus Sicht des Senders „unpopuläre“ Meinung zu vertreten. Nicht selten wird dann auch noch die Redezeit ungerecht verteilt, so dass der Vertreter der unerwünschten Meinung weniger Redezeit erhält. Das wirkt sich auf ihre Wahrnehmung und ihren Eindruck von der Präsenz der Diskussionspartner aus. Eine beliebte Methode ist die Redezeit zwar ausgewogen zu halten, ins Publikum aber noch einen „Experten“ zu setzen der im Rahmen der Diskussion ebenfalls befragt wird und die gewünschte Meinung vertritt. Wenn der Zuschauer diese Diskussion am Fernseher verfolgt, fällt ihm dieser Einflussfaktor gar nicht auf. Es sitzt eben ein „Experte“ zum Thema im Publikum. Aber warum? Wir haben doch zwei oder mehr Diskussionspartner, die sich mit dem Thema auskennen. Und wer hat diesen „Experten“ ausgewählt und warum gerade diesen und nicht einen anderen?

Ein ähnliches Schema wird angewandt, wenn ein Sender/Sendungsformat eine „Meinungsumfrage“ auf der Straße zu einem bestimmten Thema macht. Nur allzu oft wird das Fernsehteam eine ganze Reihe von Menschen befragen, um dann am Ende in den Nachrichten zwei Personen zu zeigen, die eine Aussage machen, die zur Haltung des Senders passt und eine Person, die eine nahezu neutrale oder ablehnende Haltung vertritt. Bei der Sichtung der Interviews mit den Menschen, die eine ablehnende Haltung vertreten, wird dann gerne eine Person ausgewählt, die schon nur vom Äußeren her, oder der Art wie die ablehnende Haltung geäußert wird, Skepsis oder Ablehnung beim Zuschauer auslöst. Dieses Vorgehen ist hochgradig manipulativ – und leider wirksam. Wenn Sie vor dem Fernseher sitzen und zwei Meinungen von Passanten hören, die aussehen wie „Ottonormalverbraucher“ und ihre Meinung vernünftig artikulieren, dann fällt die Aussage des Passanten mit den unfrisierten Haaren und der Bierdose in der Hand besonders negativ auf. Das Tragische dabei ist, dass diese Person jetzt durch die Auswahl des Senders quasi die Gruppe von Menschen „repräsentiert“, die eine andere Meinung vertreten. Bei vielen Zuschauern ist die von dieser Person geäußerte Meinung dann mit der ganzen Gruppe der Andersdenkenden assoziiert.

Scholl-Latour: „Wir leben in einer Zeit der Massenverblödung, besonders der medialen Massenverblödung“ (Quelle: Scholl-Latour: „Wir leben in einer Zeit der Massenverblödung. Telepolis, 9.03.2014)

Abschließend sei gesagt, dass dieses Vorgehen natürlich nicht immer und bei jedem Sender angewendet wird. Wenn es um brisante Themen geht, sollten Sie in Zukunft aber genau darauf achten welche Passanten ausgewählt wurden und was diese auf welche Art sagen.

 

Propaganda
Ein verwandter Bereich des Framings ist Propaganda. Sie denken jetzt vielleicht, dass Propaganda etwas ist, das es nur während des Zweiten Weltkriegs oder heutzutage vielleicht noch vereinzelt in nicht westlich geprägten Ländern gibt. Aber da liegen Sie falsch.

Schauen wir uns zunächst typische Merkmale von Propaganda an. Zum einen werden Botschaften immer nur innerhalb eines bestimmten Rahmens platziert. Eine Diskussion außerhalb der gewünschten Grenzen wird von den Anwendern der Propaganda unter allen Umständen vermieden.

Dabei wird versucht andere legitime Themenbereich auszublenden bzw. deren Relevanz in Abrede zu stellen oder gar in eine unmoralische Ecke zu drängen. Eine beliebte Methode gegen einen sachlich legitimen Einwand ist die Relevanz des Einwandes herunterzuspielen oder den Vertreter des Gegenarguments zu diffamieren. Im 21. Jahrhundert ist eine besonders beliebte Methode dem Vertreter eines Gegenarguments einen rassistischen oder rechtsradikalen Hintergrund zu unterstellen. Sollte dies aufgrund der Reputation der angegriffenen Person nur schwer glaubhaft zu machen sein, wird gerne eine nebulöse „Nähe“ zu Rechtsradikalen unterstellt oder zumindest eine mangelnde Abgrenzung. Ebenso beliebt wie die Unterstellung einer rechten Gesinnung ist die Unterstellung ein „Verschwörungstheoretiker“, „Klimaleugner“ oder „Putin-Versteher“ zu sein.

Bei dieser Ablenkung vom eigentlichen Argument der anzugreifenden Person geht es darum die Diskussion von einem legitimen Argument auf eine davon unabhängige und persönliche Ebene zu lenken. Plötzlich führen Sie eine ganz andere Diskussion und wenn es dem Angreifer tatsächlich gelingt Zweifel beim Publikum zu wecken – egal ob gerechtfertigt oder nicht – verliert das Argument an Bedeutung. Das Argument kommt von einer Person mit „fragwürdigen Hintergrund“ und ist somit genauso fragwürdig, auch wenn das Argument mit dem unterstellten – oder vielleicht sogar tatsächlich vorhandenem Hintergrund des Kritikers – gar nichts zu tun hat.

Achten Sie bei Ihrem Medienkonsum bitte einmal bewusst darauf, wie viele der Mainstream-Medien inzwischen von dem Begriff „Verschwörungstheoretiker“ auf „Verschwörungsmystiker“ umgeschwenkt sind. Das ist ein erstklassiges Beispiel dafür, wie sich der Austausch von Wörtern auf den Empfänger und seine Haltung auswirkt. Der Begriff „Verschwörungstheoretiker“ ist seit dem Jahr 2020 sehr häufig verwendet worden und ist eindeutig negativ besetzt. Allerdings steckt in dem Begriff „Verschwörungstheorie“ noch das Wort „Theorie“, was zunächst einmal zumindest neutral ist. Wer eine Theorie aufstellt, hat sich Gedanken gemacht und diese oftmals mit Argumenten oder gar Fakten untermauert. Das ist per se nicht schlecht. Ein Mystiker hingegen ist in den Augen vieler oftmals einfach ein „Spinner“. Und einem Spinner braucht man ja gleich gar nicht zuzuhören. Mit dieser kleinen Veränderung des Begriffs hat man aus einer von vielen mit Skepsis betrachteten Person („Verschwörungstheoretiker“) einen Verrückten („Verschwörungsmystiker“) gemacht.

In Ergänzung zum Framing, werden bei der Propaganda oftmals bewusst Unwahrheiten verbreitet. M. E. liegt hier ein wesentlicher Unterschied zum Framing. Beim Framing wird neben der Verwendung von gezielt ausgewählten Begriffen gerne mit dem Weglassen und Verschweigen von wesentlichen Informationen gearbeitet. Bei der Propaganda wird zudem oftmals unverhohlen gelogen. Es kommt dabei sogar immer wieder vor, dass eine zu verurteilende Tat von der einen Gruppe ausgeführt wird, nur um sie dann der anderen Gruppe zur Last zu legen.

Der absolut entscheidende Faktor bei der Propaganda ist die Wiederholung. Eine Botschaft – völlig egal ob wahr oder falsch – wird sich bei der überwiegenden Mehrheit der Empfänger festsetzen und zur Wahrheit werden. Selbst wenn der oder die Empfänger zunächst skeptisch sind oder kein Wort glauben. Die permanente Wiederholung, möglichst auf allen verfügbaren Kanälen (Fernsehen, Zeitung, Radio, Internet, Flyer, Plakaten, Diskussionen usw.), wird bei rund 70% bis 80 % der Menschen den gewünschten Effekt erzielen und zur persönlichen Wahrheit werden. Dabei wird das Unterbewusstsein manipuliert, weil es auf Dauer schwer fällt die sich ständig wiederholende Botschaft zu hinterfragen. Es mag vielen zu Beginn noch gelingen sich aktiv zu widersetzen und gedanklich Gegenargumente abzuwägen. Wenn Sie aber über viele Monate oder gar Jahre hinweg permanent mit den gleichen Botschaften konfrontiert werden, ist der zu leistende Widerstand für die meisten Menschen zu anstrengend und die propagierten Botschaften schleichen sich in das Bewusstsein und werden irgendwann als die eigenen Gedanken angenommen. Warum das bei den meisten Menschen funktioniert, bei einigen allerdings nicht, ist nicht abschließend geklärt. Zumindest hat man aber herausgefunden, dass ein bestimmter Typ Mensch, weniger empfänglich für Propaganda ist.

Das insbesondere die Wiederholung sehr gut funktioniert, können Sie an der Werbung erkennen. Slogans und Bilder, die Sie oft genug gesehen haben, brennen sich geradezu in Ihr Gedächtnis ein. Abhängig davon wie alt Sie sind, werden Ihnen die nachfolgenden Beispiele gar nichts sagen, oder sofort in Erinnerung kommen:

  1. „Meister … putzt so sauber, dass man sich drin spiegeln kann! Meister …!“ Um welches Putzmittel handelt es sich?
  2. „Haribo mach Kinder froh und…!“ Führen Sie den Satz zu Ende.
  3. Welches ist „Die wahrscheinlich längste Praline der Welt“?
  4. Welche Zigarettenmarke ist so eng wie keine Zweite mit Cowboys verbunden?
  5. „… repariert, … tauscht aus!“ Um welchen Anbieter von KFZ-Scheibenreparaturen handelt es sich? Wenn Sie die Antwort kennen, haben Sie mit hoher Wahrscheinlichkeit auch gleich die entsprechende Melodie im Kopf.
  6. Was isst man morgens um „Halb zehn in Deutschland“?

Wenn Sie einen oder vielleicht sogar alle Werbeslogans kennen, dann ist das so weil Sie diese durch Wiederholung gelernt haben. Dies ist unbewusst geschehen. Sie haben sich nicht vor den Fernseher oder YouTube gesetzt und sich vorgenommen diese Slogans auswendig zu lernen. Und ganz ähnlich verhält es sich mit Propaganda. Wobei diese Wiederholungen noch effektiver sind, da die Botschaften meist eine emotionale Komponente enthalten (Wut, Trauer, Entsetzen/Angst etc.). Sie haben sicher schon die Erfahrung gemacht, dass es nahezu unmöglich ist eine sehr wütende Person mit sachlichen Argumenten wieder zur Ruhe bringen. Ebenso verhält es sich mit völlig verängstigten Personen. So lange diese Personen „in der Angst sind“, ist es extrem schwierig mit Argumenten durchzudringen. Wütende und ängstliche Menschen sind nicht in der Lage rational abzuwägen. Wer wütend oder ängstlich ist, trifft in aller Regel zudem keine guten Entscheidungen und ist dadurch noch leichter zu manipulieren.

Im Jahr 2002 wurde monatelang und bei jeder Gelegenheit betont, welche Gefahr von Massenvernichtungswaffen im Irak ausgeht.

Dick Cheney, August 2002: „Es gibt keinen Zweifel, dass Saddam Hussein Massenvernichtungswaffen besitzt“. (Quelle: Martin Kilian: Trumps Iran-Fieber und die Parallelen zu 2003, Tages-Anzeiger 20.02.2019)

Ziel dieser Aussagen war es die kriegsmüde Bevölkerung in den USA für einen Einmarsch in den Irak zu gewinnen. Das Framing bestand darin den Amerikanern glaubhaft zu machen, dass der Irak Massenvernichtungswaffen besitzt. Die emotionale Komponente dabei war das Schüren der Angst, dass eine solche Waffe auch in die USA gelangen könnte. Die permanente Wiederholung tat dann ihr übriges.
Der Rest ist Geschichte. Die USA sind im Irak einmarschiert – und habe keine Massenvernichtungswaffen gefunden. Nicht einmal die Lastwagen die angeblich als mobile Labore für die Herstellung von Massenvernichtungswaffen dienen sollten, existierten.

 

Summary:
Framing wird dazu eingesetzt ihre Wahrnehmung in Bezug auf ein bestimmtes Thema von vorne herein festzulegen, oder in eine gewünschte Richtung zu lenken.

Framing ist allgegenwärtig und Teil unseres Alltags. Es gibt eine ganze Reihe von Beratern und PR-Agenturen, die sich mit Framing beschäftigen um für ihre Auftraggeber die öffentliche Meinung ganz allgemein, oder die Meinung einer bestimmten Zielgruppe zu steuern.

Beim Framing wird eine Diskussion bewusst auf einen bestimmten Aspekt gelenkt. Dabei werden gezielt Begrifflichkeiten verwendet oder ausgetauscht um die Diskussion innerhalb des gewünschten Rahmens zu halten.

Ein wesentlicher Aspekt – insbesondere bei der noch weiterreichenden Propaganda – ist die Wiederholung.

Etwa 70 % bis 80 % der Menschen sind empfänglich für Propaganda.

 

Gegenmaßnahmen:
Medienvielfalt nutzen: Wichtige Themen in unterschiedlich positionierten Medien und somit aus unterschiedlichen Blickwinkeln lesen/beleuchten (Stichwort „Medienmatrix“).

Bewusster Medienkonsum: Nachrichten nur konsumieren, wenn man voll bei der Sache ist.

Bewusstes und vor allem aktives Zuhören. Mit aktiv ist hier gemeint einzelne Aspekte herauszusuchen und diese zu überprüfen.

 

Diese und weitere wirksame Maßnahmen, wie Sie Framing durchschauen, sich wiedersetzen und sich Manipulationen entziehen, lernen Sie in unseren Seminaren und/oder Trainings.